
Hatschiii, hust, röchel… Argh, schon wieder ein Schnupfen aus der KiTa!
Na hoffentlich liegen diesmal nicht alle flach. Und immerhin kein Magen-Darm. 🤢
Außerdem ist es doch gut, wenn mein Kind hin und wieder eine Erkältung hat. Das trainiert das Immunsystem und „jede Erkältung ist eine weniger”. Richtig?
Ich bin dem etwas auf den Grund gegangen und habe festgestellt, dass es nicht viele „wissenschaftliche“ Artikel dazu gibt. Die, die Google mir dazu ausspuckt, sind sogar oftmals von Firmen, die Hustensaft verkaufen. Interessenkonflikt? 😉
Also, habe ich den renommierten Kinderarzt Dr. Herbert Renz-Polster gefragt.

“Good Enough Parents”
Dr. Herbert Renz-Polster ist nicht nur Kinderarzt mit einem sehr interessanten Lebenslauf, sondern auch in der Forschung zur kindlichen Entwicklung tätig. In den USA hat er für seine Forschungstätigkeiten einige Preise bekommen.
Zudem hat er zahlreiche Bücher und Ratgeber geschriebene, zwei davon gehören zu meiner Lieblingslektüre!
Lesetipp: Weitere 7 Bücher, die werdende Eltern gelesen haben sollten!
PS: Und in dem Film „Die sichere Geburt” – extrem empfehlenswert – kannst Du Dr. Renz-Polster in ein paar kurzen Interviews sehen.
Zudem hat er auf seinem Blog „Kinder verstehen” einen Artikel darüber geschrieben, was eine gute KiTa ausmacht.
„Ist die Kita gut für mein Kind?“
Wer könnte also qualifiziertet auf diese Frage eingehen, als er?
Also habe ich ihn gefragt, ob es denn stimmt, dass es gut ist, wenn Kinder ständig erkältet sind?
Und weißt Du, was der erste Satz auf meine Frage war?
“Die Frage ist […] super komplex.” (Dr. Herbert Renz-Polster)
Ah okay, das klingt spannend. Aber, keine Angst, er hat es weiter erläutert. 😊
Zunächst einmal macht es einen Unterschied, um was für eine Krankheit es sich handelt.
Krankheiten wie Windpocken haben bei Kindern einen meist milden Verlauf, sind jedoch im Erwachsenenalter gefährlich. Das heißt, es ist für das Kind von Vorteil, diese Krankheit in jungen Jahren gehabt zu haben und danach immun dagegen zu sein.
Doch gilt das auf für Erkältungen?
Zunächst einmal muss klargestellt werden, dass es nicht notwendig ist, dass das Immunsystem mit möglichst vielen Krankheitserregern in Kontakt kommt.
“Das Immunsystem funktioniert nicht nach dem Prinzip: je mehr Infektionen, desto besser (also: desto abwehrstärker wird das Immunsystem insgesamt)”. (Dr. Herbert Renz-Polster)
Man wird kein gesünderer Mensch, nur weil man häufig krank ist, denn:
“für seine ausreichende Funktionsbereitschaft reichen die vielen Hunderttausend Begegnungen mit den alltäglichen (meist “guten”, also nicht krankheitsauslösenden) Mikroben aus”. (Dr. Herbert Renz-Polster)
Anders ist das beim Thema „Immuntoleranz“, das ist der Aufbau des Immunsystems gegenüber normalen Stoffen der Umwelt, “hier kommt es tatsächlich auch auf die Menge der Begegnungen an, wenn diese nicht ausreicht, kann eine Bereitschaft zu Allergien entstehen).” (Dr. Herbert Renz-Polster)
Aber das wissen wir glaube ich alle, dass wir genau deshalb unsere Kinder nicht klinisch sauber halten sollen und sie ruhig mal im Dreck spielen dürfen, nein sollten!
Weitere Nachteile des ständigen Erkältet-Seins:
- Bei einem Infekt lernt das Immunsystem nur genau diesen einen Erreger kennen.
- Während einiger Krankheiten ist das Immunsystem oftmals gleichzeitig lahmgelegt.
- Kranke Kinder schlafen schlechter, essen schlechter und es geht ihnen einfach nicht gut. Das führt zu Unwohlsein und Stress – für alle!
- Außerdem sind sie dann „keine kleinen Entdecker” und können die Welt nicht erkunden, sondern sind “ausgeschaltet”.
Beim Krank-Sein kommt es also auf das Maß an. Wenn Kinder krank sind, kann das für einen inneren Wachstumsschub sorgen. Nur: ständig erkältet sein läuft dem zuwider.
Also: wenn Kinder „am normalen Infektionsgeschehen teilnehmen” (Dr. Herbert Renz-Polster) geht das in Ordnung, aber dauerhaft krank sein kann sie auch zurückwerfen.
Was heißt das für KiTas, ist das ein normales Infektionsgeschehen?
Ich vermute, Du kannst Dir die Antwort schon denken?
Nee, Kitas sind kein normales Infektionsgeschehen.
Aus den folgenden Gründen:
“Und hier würde ich vor allem mit Blick auf die menschliche Evolutionsgeschichte sagen, dass eine normale Kita kaum die beschriebene Expositionsbalance bietet: viele, oft wechselnde und in Innenräumen zusammengeballte Kinder sorgen für ein Infektionsgeschehen, das weitaus aktiver ist als für die “normale” Zirkulation der Kleinkinder-Krankheiten erforderlich.” (Dr. Herbert Renz-Polster)
Außerdem gibt es auch Krankheiten, bei denen es sich mit den Komplikationen umgekehrt verhält. Das heißt, sie sind in jüngeren Jahren gefährlicher, als für Erwachsene. Beispiele hierfür sind RS-Viren oder bestimmte Durchfallerreger (vor allem bei ungestillten Säuglingen).
Ich würde noch ergänzen, dass für einige Kinder der KiTa-Alltag Stress bedeutet und der das Immunsystem zusätzlich schwächt.
Fazit
Es ist weder “normal” noch gesund, wenn Kinder – auch in den Wintermonaten – ständig erkältet sind.
Zudem ist es weder notwendig für das Immunsystem, noch werden sie dadurch gesündere Erwachsene. Im Gegenteil, es hemmt sie zeitweilig da drin voller Entdecker-Drang durch die Welt zu gehen und belastet Familien.
Klar, dass wir deshalb nicht KiTas abschaffen können.
Wir sollten dennoch uns nicht dem Irrglauben ergeben, dass die 15. Erkältung diesen Monat etwas Positives ist, sondern das Immunsystem unserer Kinder bestmöglich stärken.
Stärkst Du das Immunsystem Deines Kindes “aktiv”?
Falls ja, schreib gern in die Kommentare wie Du das machst, dann können wir ein paar Ideen sammeln, um munter durch den Winter zu kommen. 💪🏻😎
Deine Maria